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In den Ferien besonders wichtig: Circus Sternenbrücke in Brasilien

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Der Circo Ponte das Estrelas ist für Kinder im Alter von zwölf bis 18 Jahren, die aus den Randgebieten São Paulos kommen. Im Zirkus treffen sie sich täglich und üben Zirkusnummern und Theaterszenen, aber auch einfach nur das Zusammenleben. Zusätzlich gibt es viel Kunst und Musik. Warum diese Angebote auch in den jetzt beginnenden Sommerferien besonders wichtig sind, erklärt eine der beiden Leiterinnen, Regina Klein.

In Brasilien und hier bei uns in den Randgebieten der Riesenmetropole São Paulo haben Kinder und Jugendliche oft ein schweres Los zu tragen. Viele Familien sind schon seit Generationen arm, und obwohl Eltern und größere Geschwister hart kämpfen und arbeiten, reicht das Einkommen trotz allem nicht, um in einer so teuren Stadt Fuß zu fassen. Die Folge: Viele Familien leben Jahrzehnte lang auf besetzten Grundstücken in Regionen, wo es eigentlich zu gefährlich ist zu bauen, also unter Hochspannungsmasten, an Abflusskanälen oder an Müllhalden. Es gibt wenig Gesetze und Ordnung und so können Banden und kriminelle Gewerbe wie Drogen- und illegaler Autohandel Fuß fassen. Polizei und Banden liefern sich Schießereien und die hier lebenden Menschen müssen aufpassen, um nicht in Schusswechsel zu geraten. Um sich das etwas besser vorstellen zu können: Es gibt kaum eine unserer betreuten Familien, die nicht ein Familienmitglied oder Freunde haben, die bei einem Schusswechsel ums Leben kamen. Niemand lässt sein Kind allein auf der Straße und Jugendliche, die den Schulweg alleine gehen, werden ermahnt, sich vom Drogenhandel fernzuhalten. Kinder und Jugendliche werden gern für das gefährliche Geschäft der Drogenübergabe genutzt. Oder passen für ein paar Cents über Nacht auf Autos auf.

Wir träumen natürlich davon, dass alle Kinder, auch die Kinder aus diesen harten Vierteln, eine Kindheit, ein Recht auf gesundes und behütetes Aufwachsen haben. Das ist doch für alle die Voraussetzung, dann auch ein gesunder, starker Erwachsener zu werden, der seine eigene Welt mitgestalten kann …

Im Circus Sternenbrücke versuchen wir diese Rechte und Bedürfnisse zu erfüllen und wo es nötig ist nachzuholen. Es kommen Schülerinnen und Schüler, die schon viel Schlimmes erlebt haben. Jeder beginnt dort zu lernen und zu wachsen, wo er steht. Wir treffen uns in zwei Gruppen jeden Tag vor oder nach der Schule und versuchen den 23 Kindern und Jugendlichen Frühstück, Mittagessen und Zwischenmahlzeiten zu sichern und bei Bedarf auch etwas mit nach Hause zu schicken, wenn gerade überhaupt kein Einkommen da ist. Wir stellen auch Schulmaterial zur Verfügung, Bleistifte, die eine oder andere Kopie für Schularbeiten. Und außerdem trainieren wir für unsere Tournee.

Schulferien gibt es zweimal im Jahr: Sommer- und Winterferien. Die Sommerferien sind von Weihnachten bis Anfang Februar und die Winterferien im Juli. Die Drogenbanden machen natürlich keine Ferien. Und die meisten Eltern – in der Regel alleinerziehenden Mütter und Großmütter – können sich das auch nicht leisten. Unsere Schülerinnen und Schüler müssen also zu Hause im besten Fall in der kleinen Hütte bleiben, denn auf der Straße ist es zu gefährlich. Wenn kleinere Geschwister da sind, müssen die Jugendlichen sie in der Regel hüten. Ansonsten gibt es Fernseher, Handy oder Computerspiele, die ohne Kontrolle der Erwachsenen natürlich auch gar nicht gut sind, schon gar nicht in grenzenlosem Gebrauch. Viele Kinder kommen nach den Ferien abgemagert, mit Ringen unter den Augen und aggressiv oder interesselos zurück zu uns.

Deswegen bieten wir genau in dieser Zeit besondere Aktivitäten an, um die „Ferientendenzen“ zu mindern: Wir trainieren im Juli (Winterferien) ein bis zwei Wochen auf einem Landgrundstück, wo wir dann auch gemeinsam leben. Tagtäglich wird trainiert und geübt, das ganze Programm der Aufführung zusammengesetzt und in der zweiten Woche dann mit Kostümen, Kleiderprobe usw. bis zur Generalprobe gebracht. Mit unserem Hänger touren wir zu den ersten Theatern und Schulen in São Paulo und Umgebung. Natürlich nutzen wir diese Tage für viel mehr: Lagerfeuer, wandern, schwimmen, mit den Tieren zusammen sein, singen, malen, reden, lachen und spielen.

Und in den Sommerferien unternehmen wir eine Kinder- und Jugendreise, entweder zu Freunden, Farmbesitzern oder Ferienhausverleihern, um wirklich Ferien zu machen, oder wir machen eine zweite Tournee, die dann etwas länger ist und Ferientage einplant, so wie in diesem Jahr unsere Tour durch den Süden Brasiliens.

Das Besondere an dieser Art von Ferien ist, dass die Schülerinnen und Schüler von lieben Menschen und der Natur empfangen und umsorgt werden, Tiere, Menschen, Orte kennenlernen, von denen sie nicht zu träumen wagten und daran lernen, dass die Welt unendlich viel größer ist als das kleine enge Elendsviertel mit seiner Gewalt im Alltag oder den vier Wänden der Hütte und den Computerspielen. Eigentlich lernen wir schlichtweg … echte Kinder, Menschen zu sein …

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